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Sowohl der quengelnde Eierkocher, als auch der vollkommen überhitzte Brotbackautomat könnten im Laufe der Zeit auf die fantastische Idee kommen, mal etwas an ihren nicht immer perfekt beherrschbaren Funktionsabläufen zu ändern. Leider ist dies ein Ding der Unmöglichkeit, denn Maschinen sind außerstande zu denken. Entweder sie funktionieren oder eben nicht.

Kein Wunder, dass FMEA erst dann für sie an Wert gewinnt, wenn das Ei gar und das Brot kein kleines, bröckelndes Brötchen ist.
FMEA, die „Finally-Make-Experience- Analysis“ – Methode oder richtig: “Failure Mode and Effects Analyses” – Method zu deutsch: Fehlermöglichkeitsanalyse- oder Auswirkungsanalyse – Methode sei – so behaupten böse Zungen - der Superman im Bereich Qualitätsmanagement bzw. Sicherheitsmanagement. Getreu dem Motto: “geht nicht, gibt’s nicht“ und gnadenlos befallen vom Happy-End – Syndrom sorgt dieses Überwesen mit Kontrollzwang allzu gerne im Luft- und Raumfahrtwesen, sowie in der Autoindustrie, aber auch in der Design- und Entwicklungsphase neuer Produkte und Prozesse für starke , wirtschaftlich-interessante Furore. Vorsorgend und akribisch vorausschauend bringt Superman alias FMEA seine Handlanger dazu, den Feind namens Fehler ausfindig und dingfest zu machen. So entsteht ein Dreamteam, welches von dem Morgen danach erst dann etwas wissen will, wenn der Siegeswagen bereits mit Bravour sein Ziel den Verbraucher stolz als Trophäe auf der blank polierten Motorhaube trägt.
Die Frühwarnsysteme dieses holden Gespanns fackeln nicht lange. Ihnen ist hinsichtlich ihres Ruhmes schier jedes Mittel – in diesem Fall jene Mittel recht:

1. Systembeschreibung
2. Fehleranalyse
3. Risikobeurteilung
4. Erstellung von Maßnahmevorschlägen
5. Ergebnis- und Restrisikobeurteilung

Wie die Suppe, so der Rest
Sicher ist sicher. Und wenn es dann doch mal unsicher wirkt, braut das Dreamteam das SFREE (siehe Punkte 1-5) - Süppchen halt zum zweiten, dritten oder gar fünften Mal…
…um dabei vielleicht erneut einen nanokleinen Fehlerkrümel in der bald schon zur Kaltschale mutierenden Brühe zu finden. Nun fehlen der Suppe nur noch fünf delikate „Ws“. Diese übernehmen die Orakelstellung, welche dafür sorgt, dass im Suppentopf „Wo wären Fehler denkbar?“, „Wie würde sich der Fehler äußern?“, „Welche Fehlerfolge könnte daraus entstehen?“ und „Warum tritt der Fehler/die Fehler auf?“ auf ihre richtigen Pendants warten, um mit ihnen gemeinsam das Fettauge der Weisheit zu heben. Kaum ist dies geglückt und die Suppe mit oben schwimmender Krönung fast schon in der Terrine, beginnt das Herz aller Beteiligten zu flattern. Sämtliche Vorgänge, auch das Geheimrezept wurden in der Spezialakte „FMEA-Formblatt“ genau dokumentiert. Ob das ausreichend war? Zweifel kommen hoch. Das Team verliert keine Zeit und geht schleunigst über zur Risikobeurteilung ihrer imaginären Küchenkunst.

Zutatenliste:
A Wahrscheinlichkeit des Auftretens von einem Fehler
B Bedeutung seiner Folgen
E Wahrscheinlichkeit der Fehlersichtung

Das neu entstandene Gemisch wird nun auf einer Skala von 1 bis 10 vorsichtig bewertet und vervielfältigt. Die RPZ (Risiko-Prioritätszahl) taucht am Oberflächenrand auf. Anhand dieser RPZ ist es dem eingespielten Team möglich mindestens eine oder mehrere Vergleichbarkeit/en zu den restlichen am Topfboden verbleibenden RPZ - Fehleransammlungen herzustellen. Zur zusätzlichen Sicherheit kreuzen (multiplizieren) unsere Helden noch den Inhaltsstoff B (Bedeutung) mit dem Inhaltsstoff A (Auftretenswahrscheinlichkeit) und schon darf das fein abgestimmte Suppengericht in die eigens für es hergerichtete Terrine aus Glas. Das interdisziplinäre Team aus den Bereichen FMEA (Superman-Analyse), Konstruktion, Entwicklung, Versuch, Fertigplanung, Fertigausführung und Qualitätsmanagement beäugt, verfolgt und überträgt den eigentlichen Analyseprozess auf Formblätter (QS-9000) oder auf die dafür vorgesehene Software (VDA 4.2). Wer den größtmöglichsten Mehrwert hinsichtlich Kosten/Nutzenoptimierung erzielen will, sollte Superman alias FMEA in der frühesten Phase von Planung und Entwicklung integrieren.

Gehen Sie mal stark davon aus, dass nichts so ist, wie es ist
Eine Maschine ist nur so gut wie ihr Motor. Und die Funktionen nur so gut, wie der Konstrukteur, der sie erschaffen hat. Gehen wir in dieser Rechnung weiter zurück, so kommen wir bald auf Gott zu sprechen und können diesem die Schuld daran geben, wenn trotz aller Sicherheits- und Qualitätsprüfungen, trotz dem phänomenalen Einsatz von Superman alias FMEA, der Unfriedestifter Zufall und dessen geliebte Frau „nach dieser Berechnung hätte eigentlich nichts mehr schiefgehen dürfen“ aus Versehen ihr Salzfass ausleeren und uns damit jede Menge Ärger einbrocken. Außerdem sorgen hoher Arbeitsaufwand, der konsequente Einsatz aller Beteiligten, der immense Bürokratismus, die offensichtliche Verleitung der RPZ zu pauschaler, eingeschränkter Problembetrachtung für diffuse Verdauungsbeschwerden mit negativen Folgen.

Ob Superman alias FMEA und sein Team das Rätsel um den verschwundenen Fehlerteufel endgültig lösen konnten und ob die Suppenauslöffler mit dem Ergebnis vollends zufrieden sind, erfahren Sie in der nächsten Folge, wenn es wieder heißt: „Wo? Wann? Warum? Weshalb?“ FMEA - ich such’ schon mal!

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